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Auf den Spuren von Joseph Beuys

Am vierten Sonntag im September 2019 treffen sich acht routinierte RadfahrerInnen, um sich unter der Leitung von Stefan Schmitz einige sehenswerte Kunstwerke unter  anderem des Künstlers Joseph Beuys (1921-1986) zu vergegenwärtigen.  

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Über die Oberkasseler Brücke gelangen wir auf die linke Rheinseite und fahren nördlich von Niederkassel auf den neu ausgebauten Rheindamm über Lörick nach Meerbusch.  Hier biegen wir nach links ab in den Ort Büderich, wo wir nach kurzer Fahrt auf einer Bundesstraße zu unserem ersten Mahnmal gelangen: einem aus gelbem Sandstein errichteten ehemaligen Kirchturm romanischer Bauweise.  Vor einigen hundert Jahren stand hier eine katholische Kirche, die nach dem Namen des Schutzpatrons St. Mauritius genannt wurde. St. Mauritius war vor allem der Schutzpatron der Soldaten. Nach mehrmaligen Zerstörungen, darunter auch einem Brand, wurde die Kirche an dieser Stelle nicht mehr aufgebaut, sondern weiter im Ortskern neu erbaut.  Der Turm blieb stehen und diente nach dem letzten Weltkrieg als Trafo-Station. Dann bat die Stadt mehrere Künstler um Vorschläge, diesen ungenutzten Turm nach ihrer Facon zu gestalten, und entschied sich für den Vorschlag von Joseph Beuys, den Schüler von Ewald Mataré.  

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Joseph Beuys, der damals noch unbekannte Künstler, entwarf ein ca. 100 kg schweres Eichenholzkreuz, dessen Linien nach meinem eigenen Empfinden Züge sowohl als Kreuz als auch als Mensch erkennen lassen, ein Auferstehungssymbol, wie er es selbst nannte. Diese Skulptur ist sein größtes Werk, hat also eine besondere Bedeutung.   Für die Tür entwarf er eine Eichentafel, in die er die Namen von über 200 in den Kriegen gefallenen Bürgern von Büderich einritzte. Eine gewisse positive durchdringende Wirkung konnte ich während des Aufenthaltes in diesem Turm nicht leugnen. Zumindest komme ich mit dem Innehalten und der Unvoreingenommenheit seinem Werk gegenüber dem Künstler näher,  nicht nur diesem Werk.  

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Um so unangenehmer hinterlässt der im 5-Minuten-Takt spürbare donnernde Flugverkehr direkt über unseren Köpfen einen negativen unvermeidbaren Nachklang, so dass man sich draußen  entweder gegenseitig anbrüllen oder das Gespräch unterbrechen muss. Da wir uns mehrere Stunden draußen bei schönstem Wetter aufhalten, kommen wir auf gefühlte ca. 40 Flieger, die ziemlich dicht über uns hinweg dröhnen.  An diese Negativerscheinung könnte ich mich als ohnmächtiger Anwohner niemals gewöhnen ! Div. Kontraste werden an dieser Stelle deutlich:  sie demonstrieren eine konträre Einstellung gegenüber der Natur: Naturschützer (Mensch, Klima, Umwelt, Ressourcen), zu denen auch Joseph Beuys vor mehreren Jahrzehnten gehörte – gegenüber der destruktiven Macht der Klima-Banausen;  Naturschützer als Vertreter der Kriegsgegner gegenüber Gegnern der Naturschützer, die auch gleichzeitig die Friedensbewegung massiv bekämpfen.  

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Wir nehmen dann Kurs auf die neue St. Mauritius-Kirche, in der soeben noch ein Gottesdienst stattfindet.  So lassen wir uns von Stefan zu einem besonderen Friedhof führen, auf dem einige Besonderheiten zu finden sind, die mahnend auf die Konsequenzen der letzten Kriege aufmerksam machen:   Neben dem Haupteingang am Brühler Weg befindet sich das „Mahnmal für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“, das der Bildhauer Peter Rübsam (*1941), 1988 schuf. Aus sieben naturbelassenen Stelen hat er das Mahnmal zum Gedenken an den 50. Jahrestag der Reichspogromnacht 1938 geschaffen. Am Fuß jedes Basalts ist eine Bronzeplatte mit den Namen von Konzentrations- und Vernichtungslagern eingelassen: Dachau, Buchenwald, Theresienstadt, Riga-Kaiserswald, Treblinka, Maidanek, Auschwitz. Die sieben Stelen sollen In der Gesamtheit  wie ein Wall wirken, der an die Klagemauer denken lässt. Die Anzahl der Stelen erinnert an den siebenarmigen Leuchter aus dem Tempel von Jerusalem.

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1959 schuf der Mataré-Schüler Adolf Westergerling (* 1932) das „Mahnmal für die Toten der beiden Weltkriege“. Die Gesamtanlage konzipierte Will Hanebal (1905-1981). Er schuf 20 Basaltlavasteine in Form des Eisernen Kreuzes und ließ sie im Halbkreis um das Mahnmal aufstellen. Auf ihnen sind die Namen von Gefallenen und zivilen Kriegsopfern verzeichnet. Auf Westergerlings hoch aufragender konischer Säule erhebt sich eine Hand mit erhobenem Zeigefinger. Über der Inschrift auf dem Sockel beschreiben Reliefs mit drastischen Szenen die Grausamkeit des Krieges.

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Besonders bemerkenswert ist das Grabmal, das der bekannteste Mataré-Schüler Joseph Beuys  schuf. 1951 entstand das Grabmal für Fritz Niehaus. Aus einem knappen Halbkreis hebt sich ein stilisiertes Gabelkreuz mit gegeneinander versetzten Armen ab. Das Kreissegment erinnert an die Leben spendende Sonne, setzt sich aber auch unter der Erde, im Bereich des Todes, fort. Damit verweist es zeichenhaft auf den ewigen Kreislauf von Werden und Vergehen.

 

Auf dem weiteren Weg kommen wir am Wasserschloß Gut Dyckhof vorbei, welches wir allerdings nur umrunden, um uns auch die Stationen des Kreuzwegs anzusehen.  Danach kehren wir wieder in die Nähe des Ausgangspunkts zurück, um uns nach einem gemütlichen Sitzplatz und einer willkommenen Mahlzeit umzusehen.  

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Es gibt noch einen bemerkenswerten Stein, eine Skulptur, die in Rheinnähe zwischen Büderich und Düsseldorf-Lörick am Rande eines Feldes zu sehen ist, geschaffen von Joseph Beuys.  Die Düsseldorfer Stadtherren wollten diesen wunderbaren Stein nicht in der Stadt aufstellen, wobei den Stein bestimmt keinerlei Schuld trifft. Hier mitten in der Landschaft kommt er eh besser zur Geltung als in der überfüllten Stadt Düsseldorf.    Volker und Michael tragen noch einen Bumerang mit sich, der hier auf dem benachbarten Feld ausprobiert wird. Der Stein erinnert mich prompt an Division Bell von Pink Floyd.  

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Besonderen Dank an Stefan für die gute Leitung der Tour, für die perfekten Erläuterungen der Werke von Joseph Beuys, den Du heute bestimmt nicht nur mir sehr viel näher gebracht hast.  Joseph Beuys, der Künstler, Bildhauer, Mystiker, Kunsttheoretiker, hat bei mir heute „eine Scheibe eingeworfen“  🙂 

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Besonderen Dank auch an Michael für Dein großzügiges Angebot, uns alle zu Speis‘ und Trank einzuladen.