Domburg – Zeeland
Bettina und ich planen für den August 2017 eine Radtour ohne Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel von Düsseldorf nach Domburg an die holländische Küste. Bettina ist schon einige Marathons gelaufen. Und ich – bin einige (zig)Tausend Kilometer mit dem Rad gefahren – das müsste zusammen harmonieren. Unser Zeitfenster beträgt ca. 7 Tage, da ist auch mindestens ein Ruhetag an der See mit drin. Wir haben außer dem Sport auch noch ein zweites großes Thema: die Musik: wir spielen beide Klavier und Posaune, Bettina berufsmässig, ich hobbymässig.
Bettina (rechts) ich (links) bei Clörath (Neersen)
Im Vorfeld haben wir zwei Übernachtungen gebucht, die restlichen Herbergen buchen wir unterwegs, denn wir sind ja auch mit unseren Laptops bzw. Tablets unterwegs. Bettina schickt mir am Tag zuvor noch ein Foto von ihrem Packtascheninhalt – sehr geordnet, aber so geordnet fahre ich selbst wiederum nicht los.
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Dienstag: Wir treffen uns an der Fleher Brücke im Düsseldorfer Süden, um unser Vorhaben zu starten. Über die Fleher Brücke überqueren wir den Rhein nach Neuss-Grimlinghausen, und streben von dort aus den Nordkanal an, der uns nach Willich-Schiefbahn führt. Den Nordkanal hat Napoleon bauen lassen, um sein Militär zwischen Rhein und Maas zu transportieren. Gott sei dank ist heute kein Militär zu sehen, so dass wir ab dem Sporthafen dem grünen Streifen des Norkanals durch die Neusser City, von der man dank der Kanal-Idylle kaum etwas mitbekommt, durch die Morgensternsheide, eigentlich mein Lieblingsgebiet von Neuss, dann durch den „Jröne Meerke“, einem Stadtpark nahe dem ehemaligen Ikea-Haus von Kaarst, rauf auf die Bundesstraße, die 10 km lang dem Nordkanal folgt. Hier fängt es leider an zu schauern, bis wir Willich-Schiefbahn erreichen. Nach dem Schauer, den wir in einem kleinen Café abwarten, erleben wir die wärmende Sonne bis in die Stadt Venlo hinein, wo wir unsere erste Herberge suchen. Dazwischen liegen 38 km Radweg über Neersen, Anrath, Clörath, Oedt und Grefrath, mal entlang einer Bundesstraße, mal abgelegen über Wirtschaftswege. Quer durch Grefrath hindurch erreichen wir die Straße nach Hinsbeck, die uns sanft über die Süchtelner Höhen zu den Krickenbecker Seen führt: ein Urlaubsgebiet kurz vor der holländischen Grenze: Seen, Bänke, ein Schloß, in der Nähe die Venloer Heide: hier sind wir bereits mitten im Urlaub. Selbst die Windmühle auf der höchsten Stelle von Hinsbeck ist schon ein schöner Anblick. Und die sich frei bewegenden Kühe lassen darauf schließen, dass es noch eine gesunde Form der Tierzucht gibt.
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Die Venloer Heide bildet das Grenzgebiet zwischen Deutschland und den Niederlanden. Die ehemaligen Militärwege sind für den Fuß- und Radverkehr freigegeben. Der Segelflughafen wird wohl jetzt noch genutzt. Bald erreichen wir unser Ziel: das Zentrum von Venlo, unser B&B. Entspannt drehen wir abends zufuß unsere erste Runde quer durch Venlo, nehmen den Maasport wahr, alles drum herum: einfach wie in alten Zeiten, als ich noch öfter hier war. Wir suchen uns auch eine holländische Lokalität für unser erstes Mahl aus. Bettina sitzt mit Blick auf die „2 Brüder von Venlo“. In Holland muss man sich daran gewöhnen, dass die Geschäfte pünktlich um 18 Uhr schließen. Und ich finde, dass die Holländer immer noch bei weitem „wettbewerbsfähig sind“. Vor dem Schmaus fiel mir noch ein, dass ich mir erst mal ein neues Fahrrad-Schloß holen muss, weil ich das einzige Schloß zuhause um mein Zweitfahrrad gewickelt hatte.
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Mittwoch: Für den weiteren Verlauf der Strecke bis einschließlich Middelburg hatte ich mir bequemerweise den ländlichen Fahrradweg LF 13 ausgesucht, der von Venlo direkt nach Middelburg führt. Wie Bettina und ich am Ende des Tages feststellen, werden wir diesem verschlungenen Pfad nicht weiter folgen, sondern uns Tag für Tag die Strecken neu austüfteln und aufs Navi legen. Die Sonne meint es heute sehr gut mit uns, als wir draußen die Räder aufschließen und die Packtaschen auflegen. Wir folgen also dem LF 13 (landelijke Fietsroute) , der Schelde-Rijn =Rhein-Route zunächst nach Maasbree, von hier aus streifen wir einen Landschaftspark, eine Grünfläche nach der anderen, die alle sehr schön anzusehen sind. Die holländischen LF-Radwege sind alle schön gestaltet und führen verkehrsarm über angenehme Wirtschaftswege, meistens an größeren Städten vorbei. Wer nur 20 km fahren will, ist hier bestens aufgehoben. Wir haben allerdings unser Quartier heute abend in Best, westlich von Eindhoven gebucht. In Asten legen wir bei einem Reiterhof ein Päuschen ein und stellen fest, dass wir noch reichliche Kilometer zu fahren haben. Gefühlte 50 km haben wir schon bewältigt, und das ist erst die gute erste Hälfte, und es ist schon 14 Uhr ! Weiter geht es über Mierlo und Nuenen östlich an Eindhoven vorbei zum Wilhelminenkanal, dem wir über eine lange Strecke folgen, quasi, bis wir nach Best abbiegen und unsere heutige Vermieterin entlasten, denn sie wartet schon auf uns.
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Bis wir in unserem Quartier einkehren, ist es doch schon 18 Uhr. Damit sind wir heute 95 km gefahren, obwohl wir mit 75 km unser Ziel auch genauso entspannt erreicht hätten. Die Vermieterin des B&B hat ihre Zimmer sehr geschmackvoll eingerichtet, sie hat ein Händchen für hübsche Kleinigkeiten, die ganz und gar nicht kitschig wirken. Wir bekommen sofort einen Empfangskaffee. Sie spricht auch so gut deutsch, dass es uns schon peinlich ist, wie wenig niederländische Sprachkenntnisse wir selbst mitbringen. Aber wir wollen uns ja auch ein paar Sätze aneignen. Der Ort Best ist nur sehr klein, so dass unsere Lokalsuche für ein kräftiges Mahl schnell vonstatten geht. Wir wählen ein gut besuchtes griechisches Restaurant, und bis wir den ersten Happen Souflaki im Mund haben, vergeht ein Stündchen bei wohltuendem Bier. Bettina ist heute stolz auf ihre Leistung – so viel ist sie noch nie gefahren. Aber heute abend noch suche ich für uns eine andere, direktere Strecke nach Breda aus, denn dort wollen wir morgen hin. Aber selbst nach Knotenpunktfahren wären wir nahezu genauso viele Kilometer gefahren, denn die Knotenpunkte führen nicht immer so direkt in die Richtung, in die man fahren will. Nach so viel Muskelarbeit und gutem Futter schlafen wir wie die Bären. Fazit des heutigen Tages: die Bein-Muskeln spüren genau, ob sie 50, 75 oder mehr Kilometer gefahren sind.
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Donnerstag: Bevor wir uns auf den Weg machen, gibt es für uns ein reichhaltiges Frühstück, das an nichts zu wünschen übrig lässt. Auch bekommen wir für unterwegs ein Lunchpaket, die Vermieterin von Best verwöhnt uns mit allem, was sie hergeben kann. Wer hier zufällig mal ein gutes Zimmer sucht, dem kann ich die Adresse gerne geben. Wir begeben uns mit unseren Rädern wieder zum Wilhelminenkanal, den wir auf Höhe von Oirschot kreuzen.
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Heute ist der Himmel bedeckt und ab zu gibt es ein paar Tropfen Regen, so dass wir überwiegend in Regenkleidung fahren, und überwiegend die Kamera im Trockenen lassen. Aber da ich ja gestern abend noch tätig war, fahren wir heute eine günstigere kürzere Strecke nach Breda, die auch schon mal an einer Bundesstraße entlang führt. Egal: Holland ist überall schön. Am Kanal hören wir Enten und Gänse schnattern, ab und zu fährt ein kleines Boot an uns vorbei. Der Anblick von Wasser, Brücken, kleinen Sträßchen ist einfach erholsam, Kühe und Schafe weiden links und rechts der Wege in ihren eingezäunten Gehegen. Irgendwann biegen wir vom Kanal ab, bevor wir in Tillburg landen, denn wir wollen die Stadt südlich passieren, so auch die Kleinstädte Goirle und Gilze. Im letzteren gemütlichen Städtchen legen wir noch mal eine Kaffeepause ein. Eine einladende Windmühle, von der wir dachten, dass wir in dieselbe einkehren könnten, ist privatisiert, wir bekommen aber einen guten Tipp, wo wir gemütlich sitzen können. Gegenüber dem Café steht ein Schild: Breda 11 km. Na denn haben wir ja alles richtig gemacht.
Breda Kirche und Marktalt
Nach der angenehmen Pause brauchen wir wieder unsere Regenkleidung für den Rest der Fahrt. Denn jetzt gehts nach Breda hinein: Autobahnbrücken, Ampeln, aber trotz Nähe einer größeren Stadt ist der Radverkehr dank der breiten roten Fahrstreifen und der sicheren Streckenführung einmalig ausgezeichnet. Die örtlichen rotweißen Wegweiser reichen an und für sich gut aus, um seine Ziele anzupeilen, und vor allen Dingen, um ohne große Umschweife zu fahren. Dafür sind wir heute auch dankbar. Mein Track führt uns direkt in die Innenstadt, wo unser Hotel liegt. Ab jetzt übernachten wir nur noch in Hotels, die Bettina abends auf der Bettkante heraussucht und bucht, während ich mit dem Gestalten von Wegen zugange bin: die B&B-Zimmer, die ich vor einigen Wochen herausgesucht hatte, sind bis zur Küste alle kurzfristig belegt.
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Auf Breda habe ich mich schon während der ganzen Fahrt gefreut. Es sind nur noch 100 km bis zum Meer, und man spürt Es bereits am Wind, und am Geruch. Die Stadt liegt auch bereits ein paar Meter tiefer Richtung Meeresspiegel. Unser Hotel liegt zentral, unsere Räder können bis morgen früh vor der Theke im Frühstücksraum stehen bleiben, und wir werden jetzt erst mal Breda erkunden: in die Grote Kerk kommen wir nach 17 Uhr nicht mehr hinein, so sparen wir uns einen Besuch für den nächsten Morgen auf und inspizieren den Markt, gehen ein paarmal drum herum, um für die Energiereserven eine passende Gelegenheit zum Auffüllen zu finden.
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Bettina hat inzwischen ein gutes Hotel in Middelburg organisiert, und ich den Weg nach Bergen op Zoom. Zwischendurch haben wir Spaß an einem Video von den „Zwei nach Shanghai“ bzw. tauschen Erfahrungen in der alpinen Bergwelt aus: Bettinas Erzählungen über ihre Alpenüberquerung zufuß erinnert mich sehr an meine eigenen Erlebnisse bei Wanderungen im Pfitsch-Tal.
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Am nächsten Morgen können wir frühestens um 10:00 Uhr in die Große Kirche, laufen zweimal über den Markt, nehmen einen Stand mit einem Fischangebot wahr, das man hierzulande kaum zu sehen und zu riechen bekommt. Dann haben wir eine einmalige Gelegenheit, die beeindruckende Kirche und ihre Orgel zu betrachten. Anscheinend wurde das Hauptwerk der alten Orgel in die neue Orgel eingebaut. Sie hat vier Manuale plus ein Pedal und wird für Konzerte von Komponisten aller Stilrichtungen gespielt, s. Link zur Orgel der Groten Kerk. Bei der Gelegenheit kann man seine Sprachkenntnisse ein wenig erweitern: Hoofd heißt Haupt, oud heißt alt. Irgendwann vormittags müssen wir uns leider von dieser Stadt trennen, denn unser Weg führt uns nach Bergen op Zoom. Die Zoom ist ein kleiner Fluß, der nördlich der Stadt Bergen in die Schelde fließt.
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Orgel der Groten Kerk zu Breda
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Freitag: Wir fahren knapp 10 km bis Etten-Leur, ein Ort, dessen Name sich mir bei der Suche nach Herbergen intensiv eingeprägt hat. Es ist ein kleiner Ort mit Bahnstation, durch den wir auf dem Rückweg wiederum per Bahn durchfahren werden. Wie gut, dass das noch ein paar Tage Zeit hat. Wir passieren auch einen Segel-Flughafen von Breda, der ziemlich weit draußen liegt, genauer gesagt, zwischen Breda und Roosendaal. Kaum haben wir den Flughafen passiert, müssen wir uns ganz schnell nach einer Unterstellmöglichkeit umsehen. Vor Ablauf einer halben Stunde kommen wir hier nicht weg. So halb nass verlassen wir unser Baumdach, kommen bald in Roosendaal an. Heute können wir uns einige Pausen leisten, denn wir haben nur 45 bis 50 km. Bei den meisten Strecken zählt man besser 10 % der Kilometer dazu, weil die Messungen im Internet stets knapper sind als die Wirklichkeit. Hier halten wir an einem Café an, das gegenüber einem interessanten Haus liegt: auf dem Haus befinden sich Metall-Plastiken von blasenden Musikern auf dem Dach: Trompetern, Posaunisten, Hornbläsern und mehr. So allmählich können wir die Fotoapparate wieder herausholen, jetzt wirds für die nächsten Stunden trocken.
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Die andere Hälfte der Strecke fahren wir von den Sonnenstrahlen gewärmt und getrocknet unseren vorgezeichneten Weg nach Bergen op Zoom. Die Nähe des Meeres wird immer spürbarer, der Gegenwind ist jetzt schon ordentlich stark. Schon beinahe ausgeruht kommen wir in der Stadt Bergen op Zoom an, und das schon um knapp 15:30 h. Die Stadt gefällt mir auf Anhieb super, mag es an den Hinweisschildern: links nach Antwerpen, rechts nach Rotterdam liegen: hier fühle ich mich direkt wohl. Antwerpen, die Stadt, die ich vor zwei Jahren besuchte, liegt auch nur noch 30 km südlich von hier entfernt, Rotterdam noch 56 km nordwestlich.
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Der Baustil der Bergener Häuser erinnert mich auch direkt an die Häuser von Antwerpen mit ihren großen imposanten farbigen Haustüren und den Ornamenten über dem Eingang. Unser Hotel ist diesmal das Bahnhofshotel bzw. Stationshotel, es ist alles in Ordnung. Ich hatte ein anderes, wesentlich schlimmeres in Erinnerung, was mit diesem nicht zu vergleichen ist. Wir machen uns beruhigt zufuß auf den Weg durch die hübsche Stadt und sind durch die Anwesenheit netter Leute um uns herum direkt gut gelaunt. Diesmal darf es wieder ein griechisches Restaurant sein, wo wir gemütlich mit Blick auf den Markt draußen sitzen können, bei bestem Ouzo aus dem Hause und einer ausgesuchten Grillplatte. Aber wie Tzaziki geschrieben wird, habe ich mir leider nicht merken können.
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Samstag: Am besten frühstücken wir einigermassen zeitig, denn heute beträgt unsere Etappe nach Middelburg schneidige 68 bis 72 km: gegen den Wind versteht sich. Das Frühstücks-Buffet ist dafür auch reichhaltig genug ausgestattet: mit Rührei, Hagelslag, Joghurt, Brot und Brötchen, vielfältigem Belag, werden wir die ersten 30 km im Nu erobern. Diesmal fahren wir direkt auf den Schelde-Rijn-Kanal zu, der es den Transportschiffen ermöglicht, zwischen Antwerpen und Rotterdam zu fahren bzw. Rotterdam zu umgehen und direkt rheinaufwärts fahren zu können. Antwerpen liegt an der Schelde und Rotterdam am Rijn (Rhein). Hier weht einen der Wind regelrecht aus dem Sattel. Wir wenden uns dann südlicherseits, weil wir die Brücke queren, die ca. 10 km südlich vor uns liegt. Die Schafe neben uns stört der Wind überhaupt nicht, sie futtern sich an dem Gras dick und rund. Der Anblick des Kanals, der Wiesen und der Schafe lässt mein Herz wieder höher schlagen. Noch heute erreichen wir die südlichste Zunge (=Tonge) von Zeeland, und ein bisschen Sonne tut uns und unseren Fotos ganz gut. Der Weg geht jetzt überwiegend an einer Bundesstraße entlang: so kommen wir am schnellsten zum Ziel. Ab und zu finden wir eine Möglichkeit, mal eben die Lungen zu verschnaufen, ein Schlückchen zu trinken, denn der heutige Sport geht ordentlich an die Kondition. Wegen der einen oder anderen schwarzen Wolke verzichten wir heute auch darauf, Umwege in Meernähe zu fahren.
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Zwischendurch fahren wir dicht an einem ALDI Nord vorbei, wo wir uns für noch knapp die Hälfte der Strecke versorgen können. Mit schwerem Gepäck, zumindest für mich mit meiner soeben ergatterten Kilotüte Minz-Bonbons, bahnen wir uns den weiteren Weg geradeaus. So geraten wir allerdings auch auf eine Straße, die für uns Radfahrer zu befahren verboten war und wir werden natürlich ordentlich behupt, bis wir die Straße verlassen und versuchen, einen Landwirtschaftsweg ausfindig zu machen, der uns in einen südlichen Vorort von Goes bringt. Aber die jungen Holländer sprechen kein Deutsch mehr, und auch viel zu wenig englisch, so dass die Verständigung durch Handzeichen für uns nur bedeutet: den Weg zurückzufahren und auf der anderen Straßenseite weiter zu kommen. So isses und so finden wir unseren Weg. Die Wege über Brücken sind schon ordentlich windig, und da merke ich die ordentliche Marathon-Kondition von Bettina, und auch die 14 Jahre weniger Alter, wie behende sie den Wind nimmt. Jetzt fahren wir wieder auf meinem Track, der uns zuversichtlich nach Middelburg bringt. Die letzte Pause mit einem wohlverdienten Kaffee nehmen wir so ca. 12 km vor Middelburg. Es ist wiederum unsere Pausenzeit von 14 Uhr, und diesmal stimmen Timing und gefühlte Kilometer prima überein, so dass auch der Rest locker zu überblicken ist. Plötzlich passieren wir ein Schild: Middelburg 6 km – sind wir happy in diesem Moment.
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Bald haben wir es geschafft. Mit meinen Radmädels Marlene und Monika war ich schon einmal hier, so dass ich die Örtlichkeiten auf Anhieb wieder erkenne. Ist das herrlich. Die Tour war gut, aber jetzt bin ich erst mal pausenreif für heute. Das Hotelpersonal nimmt uns sehr freundlich auf, heißt uns herzlich willkommen. Wir beziehen aber auch ein wirklich schönes Zimmer: hier stimmt mal wieder alles. Und da wir gestern abend keine weitere Bleibe für Domburg gefunden haben, fragen wir morgen nach, ob wir noch eine Nacht dranhängen können. Es sind nur noch 11 km bis nach Domburg – die könnten wir abends auch wieder zurückfahren, bevor wir in Domburg 130 Euro für eine Nacht ausgeben? Klingt irgendwie gut. Hier zahlen wir jetzt 100 Euro. Gleich gehts wieder zufuß in die Stadt Middelburg, wir sind ganz gespannt darauf, wo wir uns zum Abendrot niederlassen. Middelburg ist rund um den Stadtkern sternförmig mit Kanälen umgeben, die einen interessanten Blick auf die Stadtkarte gewähren. Wir nehmen uns ein Eis aus einem vielfältigen Sortiment am Markt und drehen erst mal eine Runde durch die heimeligen Gassen, bis wir in der Nähe der Abtei einkehren. Die Auslagen der kleinen Läden ist angenehm holländisch, nicht so abhängig von großen Handelsketten wie bei uns. Klar gibts auch heute ein Bierchen, zu dem wir uns auch mehr Zeit lassen, denn wir müssen ja keine Unterkünfte oder Tracks planen. Es sind nur noch 11 km bis Domburg, und die finden wir mit der Nase gegen den Wind.
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Sonntag: Und nicht nur der Name des Wochentags strahlt vor Sonne: der ganze Tag wird sonnig ! Wir haben auch Glück, unsere Packtaschen hier lassen zu können, um nur mit dem Nötigsten nach Domburg aufzubrechen. Dort werden wir heute ein Paar aus unserer musikalischen Heimat treffen: Hansgeorg und Doris, unsere Chorleitung des Posaunenchors und des Querflötenkreises der evangelischen Kirche Düsseldorf-Garath. Wir wussten doch, dass die beiden sich um diese Zeit hier aufhalten. Um so größer war die Überraschung, dass wir tatsächlich unsere Räder in Domburg vorführen, unser Vorhaben durchgezogen haben, ohne auch nur einen Meter mit dem Zug hinterlegt zu haben. Das war einfach klasse, wir hatten eine schöne Zeit, eine gute Strecke, und viel Spaß miteinander. Wir bleiben ein gutes Stündchen mit den Beiden zusammen, holen uns noch ein paar Tipps für guten Aussichten aufs Meer sowie fahrbare Wege direkt am Wasser.
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Am liebsten würden wir die Zeit heute anhalten, wir flanieren auf dem Sandstreifen, mal ganz nah am Wasser, oder mit den Füssen im Wasser, mal fahren wir ein Stück auf dem Noordseeradweg LF1, halten wieder an, setzen uns in die Sonne, aber die Mittagsstunde geht in den Nachmittag und auch der Nachmittag in den Abend über, so dass wir irgendwann über Westkapelle und Zoudelande auf relativ kurzem Weg zurück nach Middelburg fahren. Wir passieren den Leuchtturm = Vuurtooren Noorderhoofd am westlichsten Punkt der Landzunge. Es ist bemerkenswert, wie sehr man die Änderung der Windrichtung ein paarhundert Meter nach Passieren des Leuchtturms spürt. Eben kam er noch von vorne, jetzt von hinten. Irgendwie ist im Moment nach Erreichen des Ziels kein weiteres Ziel in der Nähe, so dass die Stimmung schon wieder in Richtung Heimat schwankt. Schade: morgen müssen wir wieder zurück, dabei ging doch alles so schnell. Es ist schon bezeichnend, dass man manchmal die Zeit mit einer Sanduhr misst: sie zerrinnt wirklich wie Sand, wenn man sie festhalten will. Am liebsten würde ich jetzt den gesamten LF1 bis nach Texel hochfahren. Ich glaube, das verschiebe ich mal bis zum nächsten Besuch. Der LF1 führt nämlich geradewegs am Wasser entlang über alle Landzungen, über die altbekannten Badeorte Scheveningen, Katwijk, Noordwijk, Castricum bis hoch in den Norden. Und dieses Wetter wäre geradezu einladend, seinem Ruf zu folgen. Aber: wir haben ja beide nur Urlaub.
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Am Montag reisen wir 10 km von Middelburg nach Vlissingen, einer sehr lebendig wirkenden Hafenstadt. Wir haben noch viel Zeit, bis wir um zwei Uhr in den Zug nach Roosendaal zu steigen, so tasten wir noch ein wenig die Stadt ab, die Hafengegend, suchen nach dem Bahnhof, der in der Nähe des Fähranlegers nach Belgien liegt, trinken noch ein Käffchen mit Blick auf die belgische Küste, auf die Containerschiffe, die ihren Weg in den Norden fahren. Um kurz vor zwei sehe ich mich mit Fahrkartenautomaten konfrontiert, für deren Benutzung ich die Hilfe eines kompetenten Bahnbeamten benötige. Das Dickicht des Automaten ist zu dicht, um schnell eine Fahrkarte für mich plus Fahrrad zu ergattern. Bettina geht es genauso. So verabschieden wir uns vom Meer, um den Rückweg per Bahn anzutreten, der durch viele Städte führt, die wir mit dem Rad gekommen sind. Auch das hat seinen Reiz, einige Details der Reise wiederzuerkennen. Radfahren hat was. Es war gut, dass wir die Reise gemacht haben.
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Tot ziens, Holland – bis bald !